Saturday, January 12, 2008

MA-triarchale Ener-GIE


Da es so viele diffuse Vorstellungen zum Begriff "Matriarchat" gibt, hier ein Zitat, ein erläuternder Text einer namhaften Autorin:

MA-triarchale Ener-GIE ist die Magie, die laut Gerda Weiler Veränderungen schafft: „Verschmelzung, Trennung, Tod und neues Leben“ (1991, 72). Energie wird durch Visualisierung gelenkt, die Vorstellung bestimmt das Handeln, meint Starhawk (1991, 42). Für sie ist Energie erotisch und eine Manifestation des Heiligen, aus dem die Mysterien schöpfen. MA-GIE, die schöpferische Kraft des weiblichen, sieht Weiler in feurigen und roten Energien, „durch die einst weibliche Wandlungsmysterien bewegt worden sind“ (Weiler 1991, 84). Seit sich die patriarchale Gesellschaft die weibliche Kultmacht der „roten Energien“ angeeignet hat, müssen Frauen „ihre Leidenschaftsnatur unter einem Laken scheuer Keuschheit verbergen“ (ebd.). Aus MA-GIE wird 'Zauber'. Das deutsche Wort 'Zauber' geht auf das altenglische 'teafor' zurück, das 'rote Farbe' bedeutet. „Darin drückt sich die ursprüngliche Energiequalität, das verborgene matriarchale Wandlungsmysterium aus“ (ebd. 83). 'Zauber' und 'teafor' hängen mit dem altisländischen 'taufr' (=Taufe) zusammen. Taufe ist nach Weiler Wiedergeburt, das ursprüngliche Blutmysterium der Mütter.

Für Weiler ist 'Rot' die notwendige Kraft einen Zustand aufrechtzuerhalten oder zu verändern. Rot bedeutet Wärme und strömende Lebenskraft, rot ist die Liebe und rot ist der Zorn. Rot ist das Blut der erneuernden Lebenskraft, das die Frau bei jeder Geburt und jeder Menstruation verströmt und das dem matriarchalen Bewusstsein als heilig galt (Weiler 1991, 74f.). „Rot ist der Tod, indem sich das Wandlungsmysterium der Großen Göttin manifestiert“ (ebd. 73). Archaische Menschen bemalten ihre Toten für deren Weg in die Unterwelt mit rotem Ocker. Ebenso rot gefärbt ist die Venus von Willendorf, die 25000 Jahre alte Göttinnen-Figur aus dem Donautal (ebd. 73).

Matriarchale Gesellschaften stehen, wie alle selbstregulierenden Systeme, unter der Gegensatzspannung polarer Kräfte, deren natürliche Gleichwertigkeit das Zusammenleben ohne Gesetzgebung und aufgezwungener Ordnung reguliert (ebd. 72f.).

Die matriarchale Gesellschaftsordnung - wir können sie als 'systemimmanente Steuerung' oder einfach als 'natürliche Ordnung' bezeichnen - ist rot; denn sie ist gebündelte Energie (Weiler 1991, 73; Herv. Im Org.).

Am Ende ihres Kapitels über MA-triarchale Ener-GIE stellt Weiler die Frage, ob es nicht möglich sei, „dass die moderne Menschheit die geistige Kraft der MA-GIE - der innewohnenden, matriarchalen, selbststeuernden Energie - wiederbelebt und für die Gegenwartskrisen sinnvoll nutzt?“ (ebd. 85). Heute könnte die Zeit gekommen sein, das Magische wieder transparent werden zu lassen, meint etwa die Theologin Hanna Gerl (1989, 135ff.); d. h. alle Differenzierungen, die im Laufe der Geistesgeschichte gewonnen wurden, „sind mit dem magischen Anfang, dessen Stärke das Eins-Gefühl ist, lebendig zu verbinden“ (ebd. 136).