Saturday, June 10, 2006

komisches Gefühl mit WM-Zauber

Gestern konnte man dem Spiel nirgends entgehen. Ich verzog mich in den Park, in der Hoffnung, ihn für mich und dort Ruhe zu haben, Doch weit gefehlt. Den Wunsch haaten noch mehr und die Biergärten der Umgebung sorgten für die WM-gerechte Beschallung. So konnte keinem auch nur ein Tor entgehen. Da begannen denn auch schon die ersten Böller zu krachen, denen den gesamten Abend über weitere folgten. Mir waren die vielen Bier trinkenden, johlenden und Flagge tragenden Fans nicht geheuer. Bei dieser Form von Partiotismus bekomme ich einen schalen Geschmack in den Mund und ein flaues Gefühl im Magen.

Heute ist es in Nürnberg ruhiger. Ich radelte denn mal um die Teiche in Stadionnähe, fütterte Schwäne und Enten mit dem alten getrockneten Brot, das schon lange darauf wartete, entsorgt zu werden. Morgen nun findet hier das erste WM-Siel statt und die ganze Gegend scheint in der Hand der Landsleute aus Mexico zu sein. Sie gehen friedlich in Landesfarben gekleidet spazieren. Das ist ein angenehmer Kontrast zu dem gröhlenden Volk von gestern. Sind wohl alle in der Gegend des Messegeländes einquartiert. Die Stadt hat sich auf das Spiel und die Gäste folgendermaßen eingerichtet: Wenn Abadi nach dem Eröffnungsspiel in München nach Nürnberg kommt, wolle er sicher die iranische Mannschaft und dann ihr Spiel sehen. "Von einer abstrakten höheren Gefährdungssituation ist auszugehen", sagt Hauptmannl. Und: Herr Aliabadi bekomme "als Mitglied einer Regierung den Schutz, der nötig ist, um das Gastrecht zu genießen".

Die Stadtspitze werde mit diesem Gast "gar nicht umgehen", sagt OB Maly deutlich. Aliabadi sei Sache des Bundes. "Sehr herzlich" werde die Stadt dagegen die iranischen Spieler empfangen, denn es gebe keine Kluft zwischen dem deutschen und dem iranischen Volk. Doch die antiisraelische und die Atompolitik der Regierung werde man nicht dulden.

Die israelitische Kultusgemeinde wird von 14 bis 17 Uhr in der Innenstadt gegen die Israel-feindliche Politik Irans demonstrieren. Ein paar Plätze entfernt werden sich voraussichtlich etwa 300 Mitglieder der "Iranischen Gesellschaft Deutschland" versammeln. "Kooperativ" sei die Gruppe mit Sitz in Berlin, berichtet Frommer. Sie verstehe sich als "iranischer Widerstand für Demokratie in Iran". Vor der Lorenzkirche baut Amnesty International einen Stand auf. Das war`s zum Auftakt.

Dies nun von offizieller Seite. Ich werde mich von dem Ganzen fernhalten und freue mich auf den Besuch, der morgen kommt. Backe denn gleich mal noch einen Kuchen.